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Bernhard Heisig

Fliegen lernen im Hinterhof

Bernhard Heisig (1925 – 2011) greift bei diesem Gemälde auf das für ihn zentrale Ikarus-Thema zurück, das er erstmals 1973 verbildlichte und mit dem Untertitel „Schwierigkeiten beim Suchen der Wahrheit“ versehen hat.
Inhaltlich schildert das Gemälde das absurde Unterfangen eines Paares, mittels zweier Regenschirme in die Welt hinauszufliegen. Was zu erwarten war, ist eingetroffen: der Absturz des Paares, das trotz der offensichtlichen Unmöglichkeit, den Hinterhof zu verlassen, dennoch den Versuch unternommen hat, der Enge zu entkommen. Im Vordergrund sind die Zweifler des Wohnblocks zu sehen, die gehässig das Scheitern kommentieren.

Der Kunsthistoriker Eckhard Gillen beschreibt das Gemälde wie folgt: „Mit den Flugübungen in der hermetischen Abgeschlossenheit eines Hinterhofes rekurriert Bernhard Heisig nicht allein auf die politischen schwierigen Verhältnisse zu Zeiten der DDR, sondern auch auf die Armseligkeit, die ein Leben an einem solchen Ort impliziert.“

Fliegen lernen im Hinterhof spiegelt darüber hinaus auch die Lage des Künstlers Bernhard Heisig, der ein Leben lang unter der politischen Enge und Kleingeistigkeit gelitten hat, und dennoch das Fliegen lernte. Das vermeintlich utopische Selbstverständnis drückt sich gleichermaßen in dem liegenden weiblichen Akt aus, der sich über eine der Bildhälften erstreckt und auf die Lust und vielleicht auch Erotik des Versuchens hindeutet, zumindest für einen Moment mittels der Imagination die Schwerkraft zu überwinden.
Das Bild kann aufgrund seiner besonderen Ausstrahlung als eines der herausragenden „Nachwendebilder“ von Bernhard Heisig gelten.

Bernhard Heisig zählt zu den bedeutendsten zeitgenössischen Malern und gilt als einer der wichtigsten Repräsentanten der Kunst in der DDR. Sein Stil bewegt sich zwischen klassischer Moderne, Realismus und Collagenkunst. Besonders bekannt sind seine großen historisch-politischen Panoramen, die zum Beispiel im Reichstagsgebäude in Berlin zu finden sind.

Das Gemälde wird im Bereich der Neuen Meister in der Galerie Alte & Neue Meister Schwerin gezeigt.