Ungemalte Meisterwerke

1749 gelang es Herzog Christian Ludwig, den sächsischen Hofmaler Johann Alexander Thiele von Dresden nach Schwerin zu holen. Er sollte 16 großformatige sowie zehn kleinere Panorama-Landschaften in Öl malen. Dazu reiste Thiele zwei Monate lang durch Mecklenburg und fertigte unzählige Zeichnungen an. Doch Thiele starb, bevor er den Auftrag vollenden konnte. Er lieferte nur zehn Gemälde ab, von denen heute nur noch drei bekannt sind. Nach Thieles Tod gab die Witwe die Zeichnungen nach Schwerin. Sie sind ein besonderer Schatz des Kupferstichkabinetts, der nie ganz gehoben wurde. Ein Grund dafür sind die schiere Anzahl und ihre unhandliche Größe: nicht wenige der über 60 Blätter sind deutlich über einen Meter breit und damit größer, als die Gemälde hätten werden sollen. Da Zeichnungen nicht dauerhaft ausgestellt werden können, sind sie nur selten zu sehen gewesen. Es fehlt bisher auch eine gründliche Publikation. Eine Vielzahl von Fragen werden durch diese unvergleichlichen Blätter angeregt: Warum erteilte der Herzog überhaupt diesen riesigen Auftrag im Umfang von insgesamt 5.000 Talern? Welche Ansichten wählten Künstler und Auftraggeber? Worauf richtete sich der Blick und wie hielt der Zeichner fest, was er sah? Wie setzte der Maler seine Skizzen später im Dresdener Atelier um? Wo wurden die fertigen Gemälde vom Herzog aufgehängt? Dr. Gero Seelig wird in seinem Vortrag viele dieser Fragen behandeln. Vor allem aber wird er die Zeichnungen in Abbildungen und Vergrößerungen zeigen, um die differenzierte Zeichenkunst Thieles, der bisweilen mit zielgerichteter Präzision, bisweilen mit großem Schwung arbeitete, vor Augen zu führen.

Do., 06.06. | 19–20 Uhr | Kulturforum Schleswig-Holstein-Haus
Ticket: 5,00 €